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Publikation im ETH-intern vom 27.Nov.1999

Auch die ETH ist von Urheberrechtsproblemen mit MP3-Musikdateien im Internet betroffen

Die Industrie jagt Musikpiraten

Die Tonträgerproduzenten gehen weltweit in 20 Ländern rechtlich gegen die Betreiber von Webseiten mit illegalen MP3-Musikdateien vor. Auch die ETH Zürich ergreift Massnahmen, um Urheberrechtsverletzungen auf dem ETH Web zu vermeiden. Speziell Studierende sind aufgerufen, sich mit ihren Internet-Auftritten an die Regulierungen und Gesetze zu halten und illegale Dateien auf ihrer persönlichen Homepage aus dem ETH Web zu entfernen.

Von Jakob Lindenmeyer, ETH Web Office.

Das Kompressionsformat MP3 (siehe Theoriekasten) hat sich dank seiner einfachen und qualitativ hochstehenden Anwendung zum meistgesuchten Suchbegriff im Internet gemausert und dabei bekannte Begriffe aus dem Gebiet der Pornographie von ihren Spitzenplätzen verdrängt. Das führt bei Internet-Providern dazu, dass Kundenseiten mit MP3-Dateien innert kürzester Zeit ein untolerierbar hohes Verkehrsvolumen im Netz auslösen und zum Teil allein aus diesem Grund entfernt werden mussten. Neben zahlreichen legalen Anwendungen dieses Kompressionsformats liegen laut der International Federation of Producers of Phonograms and Videograms (IFPI) heute mindestens 1 Million illegal kopierte Musikstücke zum Herunterladen im Internet. Der kommerzielle Wert dieser Musikstücke von insgesamt etwa 4,5 Milliarden Dollar erklärt den Kampf der Tonträgerindustrie für ein "reines" Web. In Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Italien und Schweden wurden durch die IFPI bereits tausende von Webseiten geschlossen.

In den USA lagen noch vor 2 Jahren gegen 70 Prozent aller betreffend Urheberrecht problematischen Webseiten auf Universitätsnetzwerken. Nach einer landesweiten Kampagne über www.soundbyting.com konnte dieser Wert auf heute etwa 30 Prozent gesenkt werden. Dass die Tonträgerproduzenten die Universitäten nach wie vor im Auge behalten, zeigt ein aktueller Vorfall an der Carnegie Mellon University in diesem Herbst. 300 Studierenden wurden juristische Warnungen zugesandt, und 71 Studierende wurden durch Sperrung ihres Zugangs zum Universitätsnetzwerk disziplinarisch bestraft. Sie bekamen erst wieder Zugang, nachdem sie einen 90-minütigen Kurs über Urheberrechtsgesetze und Computerethik absolviert hatten.

Auch in der Schweiz hat die IFPI nach monatelanger Recherche mehrere Dutzend Websites mit illegalen MP3-Musikdateien aufgespürt. Gegen zwei Betreiber wurde bereits Strafklage erhoben. Ziel der Tonträgerindustrie ist, mit solchen Strafklagen die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass geistiges Eigentum ebenso vor illegalen Zugriffen geschützt werden sollte wie materielles Eigentum. Eine Folge der Offensive der Musikindustrie ist, dass sich die illegalen MP3-Downloads in "verdeckte Szenen" verlagern: via Web sind nur noch die Titel der gesuchten Musikstücke zugänglich. Die illegalen Musikdateien selbst werden auf Anfrage per E-Mail persönlich zugesandt.

Die ETH ergreift Massnahmen

Die ETH Zürich ist sich als Provider mit gegen einer Million Dokumenten innerhalb ihrer Website der Problematik der Urheberrechtsverletzungen im Internet und speziell bei Musikdateien bewusst und hat bereits erste Massnahmen eingeleitet. Die Departements-Informatikkoordinatoren wurden auf die Problematik aufmerksam gemacht. Die Benutzungsordnung für Telematik an der ETHZ (BOT) hält in Artikel 11 Absatz 2 klar fest, dass das Urheberrecht auch im ETH Web einzuhalten ist. Die Rechtsabteilung der ETH Zürich hat speziell für die Klärung der rechtlichen Situation von MP3-Musikdateien ein ausführliches juristisches Gutachten verfasst, welches unter archiv2.weboffice.ethz.ch/politik/mp3/ erhältlich ist (siehe auch Kasten).

Alle ETH-Angehörigen sind aufgerufen, illegale MP3-Musikdateien aus dem ETH-Web zu entfernen. In Zweifelsfällen oder bei juristischen Drohungen seitens der Tonträgerproduzenten sollte der Sicherheitsbeauftragte der ETH Zürich kontaktiert werden (E-Mail: beat.mueller@su.ethz.ch). Es gibt aber durchaus auch die Möglichkeit Musik im MP3-Format legal anzubieten, wie dies zum Beispiel die Polyband oder das Vokalensemble beider Hochschulen "Collavoce" bereits seit einiger Zeit und mit grossem Erfolg tun. Das ETH Web Office rät: "Indem Sie bewusster publizieren und beispielsweise eigene Songs statt Raubkopien anbieten, helfen Sie mit, dass auch mit der Einhaltung der Urheberrechte beim Surfen im ETH-Web die Musikalität nicht flöten geht."

J. Lindenmeyer, ETH Web Office.

Kasten 1: Gekürzter Rechtstext:

MP3 und die Urheberrechtsproblematik

Vorsichtsmassnahmen sind notwendig

In der Schweiz wird das Urheberrecht durch das Bundesgesetz über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) vom 9. Oktober 1992 geregelt. Das URG erlaubt die Verwendung veröffentlichter Werke zum Eigengebrauch. Gemeint ist der Gebrauch für rein private Zwecke, für Schulzwecke oder im betriebsinternen Rahmen.

Das Abrufen eines Werkes oder auch das Weiterleiten über das Internet an einen Freund (unter der Voraussetzung, dass kein Dritter Zugriff hat) sowie die Herstellung digitaler Kopien sind nur im oben erwähnten engen persönlichen Rahmen erlaubt. Im Rahmen dieser rein privaten Nutzung ist auch das "downloading" von online verfügbaren Daten frei.

Ein Musikstück auf der eigenen, allen zugänglichen Homepage gilt als öffentliche Aufführung und ist somit bewilligungs- und kostenpflichtig. Dies gilt auch für das Abspielen von heruntergeladenen MP3-Files an Partys, die über den Privatbereich hinausgehen (z.B. Betriebsfeste) ohne Erlaubnis der Rechtsinhaber. In der Regel ist dies die Verwertungsgesellschaft (SUISA). Anders sieht die Situation aus, wenn Stücke von eigenen Musik-CD's im MP3-Format mit dem PC oder einen MP3-Player abgespielt werden. Diese private Verwendung ist zulässig und auch nicht kostenpflichtig.

Das Anbieten von MP3-Files auf einem Server ist eine urheberrechtlich relevante Nutzung, das heisst, es ist dazu die Erlaubnis der SUISA erforderlich. Der Provider kann auch die oben erwähnten Schutzausnahmen nicht für sich beanspruchen, da er ja nicht der eigentliche Nutzer von urheberrechtlich geschützten Werken ist sondern vielmehr der Vermittler.

Die Verantwortlichkeit des Providers

Zur Verantwortlichkeit des Providers hat das Bundesgericht noch nicht abschliessend Stellung genommen. Es besteht daher für die Provider eine erhebliche Rechtsunsicherheit. In dieser Situation erscheint es umso wichtiger, durch entsprechende Massnahmen präventiv eine mögliche Strafbarkeit auszuschliessen.

Die Strafbarkeit setzt voraus, dass der Internet Provider konkrete Kenntnis (Vorsatz) von der Strafrechtswidrigkeit bestimmter Inhalte hat oder er zumindest aufgrund der Umstände annehmen muss, dass gewisse Inhalte strafrechtlich verboten sind, er dies aber in Kauf nimmt (Eventualvorsatz). Hat der Internet Provider Kenntnis von strafbaren Inhalten, welche über das Internet verbreitet werden, so ist er verpflichtet zu verhindern, dass dies mittels seiner Infrastruktur und Dienstleistungen geschieht, indem er raschmöglichst den Zugriff sperrt und die auf seinem Server befindlichen Daten löscht.

In den USA können Universitäten und andere grosse Provider im Rahmen des "Digital Millenium Copyright Act" von der Verantwortung für Urheberrechtsverletzungen ihrer Benutzer enthoben werden. Dazu müssen sie sich zuerst registrieren, interne Richtlinien über das Vorgehen bei Entdeckung von Urheberrechtsverletzungen entwickeln und sich bereit erklären, mit den Tonträgerproduzenten zu kooperieren.

In Europa geht die Tendenz der Rechtsprechung in Richtung Straffreiheit der Provider. Dies erscheint auch praktikabel, da der Provider keine Inhalte auswählt sondern gewissermassen den Schlüssel zu einer "Bibliothek" abgibt. Gemäss einem neuen, nicht publizierten Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts (vom 11. August 1999) zeichnet sich diese Tendenz auch in der Schweiz ab. Trotzdem sollten die obgenannten Vorsichtmassnahmen soweit als möglich getroffen werden.

Gekürzte Version des juristischen Gutachtens von Marion Völger, Rechtsabteilung der ETH Zürich. Die vollständige Version ist via Internet erhältlich unter: archiv2.weboffice.ethz.ch/politik/mp3/

Kasten 1: Theorie über MP3

1 MB für 1 Musikminute


Die Abkürzung MP3 steht für "Moving Pictures Experts Group Audio Layer-3". MP3 ist ein Verfahren, um Musik-Dateien auf einen Zwölftel ihrer Grösse zu komprimieren. Dabei werden hauptsächlich die für das menschliche Gehör kaum hörbaren hohen und tiefen Töne herausgefiltert. Bei identischen Wiedergabe-Geräten bemerken durchschnittliche Musikhörer keinen Unterschied zwischen einer MP3-Datei und einer Musik-CD. Das Kompressionsverfahren wurde bereits Ende der 80er Jahren im Rahmen eines EUREKA-Projekts am Fraunhofer Institut für integrierte Schaltungen in Erlangen in Deutschland entwickelt. Die einfache und schnelle Verteilung von fürs Internet komprimierten Musikdateien via Web und E-mail erklärt die aktuelle Popularität von MP3.

Weitere Informationen zu MP3 sind erhältlich unter: http://www.iis.fhg.de/amm/techinf/layer3/

Jakob Lindenmeyer, ETH Web Office.

Weiterführende Informationen:


Verantwortlich  |  Home  |  last updated 30.11.2003


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